Ein neuer Schlossplatz, diverse archäologische Überraschungen und eine «Galette» – die gelungene Umgestaltung des Schlosses von Echallens präsentierte sich für die Steiner AG als Herausforderung zwischen Erhalt und Neugestaltung.
Echallens liegt inmitten einer fruchtbaren Landschaft, der «Kornkammer
» des Genferseegebiets zwischen Lausanne und Yverdon-les-Bains; das kleine Städtchen ist der Hauptort der Region. In seinem Zentrum thront auf einer Anhöhe das Schloss, das als Ausgangspunkt der Stadtentwicklung gilt und noch heute ihre Geschichte widerspiegelt. Erstmals namentlich erwähnt wird der Bau im Jahr 1274, rund 200 Jahre später brandschatzen ihn die Eidgenossen, nach seinem Wiederaufbau dient er lange als Residenz
für die Vögte von Orbe-Echallens. Seit 1816 ist das Schloss in Besitz der Gemeinde Echallens, die hier ihre Gemeindeverwaltung und eine Primarschule untergebracht hat.
Platz für die Öffentlichkeit
Um den historischen Ort zu würdigen und ihn neu zu beleben, plante die Gemeinde Echallens zunächst nur die Renovierung einiger Räumlichkeiten im Nordflügel des Schlosses. Schliesslich entschied sie sich aber für eine Transformation der gesamten Anlage. Sie wählte das Konzept des Architektenbüros AARC Architects in Challens aus, das die Renovierung mit einem Neubau verbindet: Durch die Schaffung eines neuen Gebäudeflügels wollte man den alten Innenhof einrahmen und besser betonen. Das ermöglichte zusätzlich die Realisierung eines Verbindungsgebäudes unter dem offenen Platz. Zudem wurden einige provisorische Gebäudeeinheiten ersetzt. Dadurch konnten verschiedene Wünsche und Modifikationen kombiniert werden.
Den öffentlichen Wettbewerb für die Durchführung des Projekts entschied die Steiner AG für sich: Um das Projekt umzusetzen, brauchte die Gemeinde Partner, die sowohl im Bereich der Renovierung als auch im Neubau versiert sind. Steiner leitete die Umgestaltung des Standorts und bewältigte
neben den planmässigen Aufgaben auch noch archäologische Entdeckungen, die Änderungswünsche der Mieter während des Projektes sowie diverse Überraschungen, die die ehemaligen Erbauer des Schlosses hinterlassen hatten.
Dreistufiges Projekt
Der Umbau und die Erweiterung der Schlossanlage gliederte sich in drei Teile. In der ersten Phase wurden das neue Gebäude und die Tiefgarage mit rund 40 Stellplätzen realisiert. Die zweite Phase des Projekts konzentrierte sich auf den Bau von Räumen unter dem bestehenden Vorplatz; dieser Teil erhielt während der Bauarbeiten die Bezeichnung „Galette“. Er wurde in zwei Phasen erstellt, um während der gesamten Bauarbeiten den Zugang zum Südflügel des Schlosses und für den Feuerwehrdienst zu gewährleisten. Schliesslich wurde der Nordflügel renoviert, um die Arbeitsbereiche wiederherzustellen und die verschiedenen Treppenhäuser des Schlosses zu verbinden. Die neuen, ergänzenden Gebäudeteile ermöglichen, alle kommunalen Dienste zusammenzuführen sowie andere Versorgungsunternehmen für die Öffentlichkeit an einem Ort zu zentrieren (Kantonspolizei, Gendarmerie, Regionales Arbeitsvermittlungszentrum, Arbeitslosenfonds und Verein für Familienhilfe). In der „Galette“ unter dem angehobenen Schlossplatz entstand auch ein neuer Empfangsbereich mit Rezeption für die öffentlichen Einrichtungen. Von diesem zentralen Ort aus werden die Besucher über Korridore in die verschiedenen Abteilungen sowohl im Schloss als auch im neuen Gebäude geleitet. Zudem sind hier die Ratskammer, die Cafeteria und mehrere Tagungsräume untergebracht. Der Zugang zur „Galette“ erfolgt vom unteren Platz aus, was sie zum Fenster der kommunalen Einrichtung zum Dorf hin macht.
Gewaltige Herausforderung
Die unterschiedlichen Bereiche des Schlosses erforderten sehr verschiedene Herangehensweisen: Der Nordflügel ist als historisches Denkmal eingestuft, hier war besonders sorgfältig und gemäss den
strikten Auflagen vorzugehen. Zuerst wurde das Gebäude vollständig entleert und Asbest entfernt. Dann verstärkte man die verschiedenen Böden und installierte erdbebensichere Wände. Mit weiteren Eingriffen sollte die Wärme- und Energiebilanz des Gebäudes verbessert werden. Ein Pelletkessel versorgt die drei Gebäudeteile nun zusammen mit einer Photovoltaikanlage auf dem neuen Gebäudeflügel. Doch bereits während der Bauarbeiten mussten immer wieder Anpassungen vorgenommen werden. Steiner arbeitete vorwiegend mit regionalen Partnern zusammen, was die Flexibilität erhöhte. Darunter waren auch archäologische Entdeckungen zu berücksichtigen: Bei den Erdarbeiten wurden die Überreste eines historischen Turms sowie ein alter Brunnen entdeckt. Die Pläne wurden daher während der Bauphase angepasst, um die Fundamente
des Turms herauszustellen und für die Öffentlichkeit sichtbar zu machen. Änderungen bei den Nutzungsplänen im laufenden Projekt erforderten auch eine Anpassung der Pläne im neuen Gebäude. Die verschiedenen Räumlichkeiten wurden so ausgestattet, dass sie den Erwartungen der verschiedenen Mieter entsprechen.
Doppeltes Gesicht
Die Auswahl für die Materialien von Dach und Fassade hatten sich nach den Vorgaben für den Schutz des kulturellen Erbes zu richten. Die Fassade des Neubaus Richtung Norden, zum Innenhof hin, wurde mit Feinsteinzeug beschichtet, damit ein harmonischer Bezug zu den historischen Fassaden des Ortes entsteht. Zusammen mit der angepassten Grösse der Fenster entsteht dadurch eine Harmonie mit dem historischen Flügel des Schlosses. Auf der abgewandten Seite erhielt der Neubau eine Glasfassade, die die Modernität des Baus unterstreicht. Den neuen Schlossplatz zieren vier grosse Getreide-Ähren. Die Gemeinde bot ihrer Bevölkerung die Möglichkeit, die Pflastersteine für das Motiv zu finanzieren. Es steht für die vier Ausgaben des Weizen- und Brotfestivals („Fête du blé et du pain“). Dieser wichtige Grossanlass in der Region Gros-de-Vaud findet alle zehn Jahre statt. Die Namen der Gönner sind in die Pflastersteine des Motivs eingraviert. Der neue Gebäudekomplex, der im Juni 2020 fertiggestellt wurde, ermöglicht der Stadt Echallens dank der Zentralisierung der städtischen Dienstleistungen an einem einzigen Standort, ihre Bedeutung als Hauptstadt der Region zu etablieren. Die Verwaltung sowie der Gemeinderat und die Gemeinde verfügen nun über eine konservierte und sanierte historische Stätte sowie funktionale und moderne Räumlichkeiten mit Zukunft. Mit dem gelungenen Ensemble aus Alt und Neu hat die Steiner AG erneut bewiesen, dass sie als General- und Totalunternehmerin dank konstruktiver Zusammenarbeit flexibel, kompetent und zuverlässig auf unterschiedlichste Bedürfnisse reagieren kann.