Für prozesstechnische Anlagen, industrielle Infrastruktur, Datencenter, allgemeine Infrastruktur wie Krankenhäuser, Flughäfen, Tunnels  aber auch kommerzielle Gebäude ist eine kontinuierliche Energieversorgung unabdingbar. Als Herzstück der Elektroinstallation stellt die Niederspannungsschaltanlage hierfür eine wichtige Voraussetzung dar. Im Laufe der Zeit machen zunehmende Lasten, Alterung und Erweiterungsmaßnahmen durch geänderte Betriebsprozesse diese Anlagen anfällig für Störlichtbögen. In diesem Artikel untersucht Bernhard Gegenbauer, Produktmanager für Energieverteilung bei Eaton, die Folgen von Störlichtbögen sowie die Frage, ob Unternehmen alles tun, um die Risiken zu minimieren.

Ein Störlichtbogen in einer Niederspannungsschaltanlage kann schwerlich ignoriert werden. Ein massiver Druckanstieg im Schaltschrank, der auf bis zu 25 Tonnen pro Quadratmeter steigt, führt quasi zu einer Explosion, bei der Bauteile durch die Luft fliegen, die Installation zerstört und das Leben des umstehenden Personals gefährdet wird. War dieser erste Schlag noch nicht zerstörerisch genug, dann bergen die Folgen weitere Risiken, wobei langfristige Ausfallzeiten drohen.

Neuen, von Eaton in Auftrag gegebenen Studien zufolge, können sich allein die Kosten für einen Produktionsausfall in einer typischen Produktionsanlage der Lebensmittelindustrie auf bis zu 36.850 Euro in 24 Stunden belaufen. Hinzu kommen die Kosten für den Ersatz der Schaltanlage, eventuelle Verfahrenskosten und der Image-Schaden. Kurzum: Menschen, Infrastruktur und das Unternehmen werden kurz- und langfristig einem ernsthaften Risiko ausgesetzt.

Trotz dieser greifbaren Gefahren werden Niederspannungsschaltanlagen bei Sicherheitsanalysen der Infrastrukturen gewerblicher Gebäude oft vernachlässigt. Die Anlagenteile sind normalerweise nicht einsehbar, und meist wird davon ausgegangen, dass die Schaltanlage sicher ist, solange die Anforderungen der Normserie IEC/EN 61439 erfüllt werden.

Die Untersuchungen von Eaton legen jedoch nahe, dass die Berücksichtigung des Standards allein für einen maximalen Schutz nicht ausreicht. Das Unternehmen weist darauf hin, dass sich mit Hilfe von neuen Technologien das Sicherheitsniveau verbessern lässt. Damit besteht bereits heute die Möglichkeit, die Risiken eines katastrophalen Störlichtbogens und mit diesem verbundene kostenintensive Folgen weiter zu reduzieren.

Energieverteilungssysteme sind das Herzstück der Stromversorgung. Eigentümer und Verwalter von Gebäuden tragen die Verantwortung dafür, dass die Schaltanlage für die operativen Tätigkeiten den Anforderungen des IEC-Standards entspricht (die IEC ist das internationale Normungsgremium für Standards und Konformität für alle Bereiche der Elektrotechnik). Ein Unternehmen muss gewährleisten, dass die Anlagen gemäß der entsprechenden Version der IEC/EN 61439 sowie anderen relevanten Normen geplant, gebaut und geprüft wurden.

In einem von Eaton in Auftrag gegebenen Whitepaper, Sicherheit und Gefahr in elektrischen Niederspannungsanlagen, erläutert Alfred Mörx, Experte für Sicherheit in der Elektrotechnik, dass es „Ziel der Planung und Ausführung von Niederspannungsanlagen ist, Sicherheit zu erreichen und Gefahren auszuschließen”. Das bedeutet, Eigentümer und Verwalter von Gebäuden müssen durch die Umsetzung von Schutzmaßnahmen dafür sorgen, dass die Restrisiken minimiert werden und das „maximale akzeptable Risiko“ nicht überschritten wird.

Sogar Unternehmen, die ihren gesetzlichen Pflichten nachkommen, sind nicht vor Störlichtbögen gefeit. In den meisten Unternehmen werden im Laufe der Zeit die operativen Tätigkeiten ausgebaut, was in der Regel mit Anlagenerweiterungen und einer zunehmenden Belastung der Energieversorgung einhergeht. Dadurch erhöht sich über die Zeit das Risiko eines Störlichtbogenereignisses durch den nicht nur wertvolles Eigentum einschließlich der Anlage zerstört werden, sondern der auch schwerwiegende Geschäftsausfälle und Gefahr für Leib und Leben zur Folge haben kann.

Zu Störlichtbögen kann es auch kommen, wenn bei Wartungen oder Umbauten in der Anlage unbeabsichtigt leitfähige Teile auf Stromschienen fallen. In solchen Fällen herrscht Lebensgefahr für das Personal in der unmittelbaren Umgebung. Es gibt zudem viele nachgewiesene Vorfälle, in denen ein kleines Tier in den Schaltschrank gekrochen ist und katastrophale Störlichtbögen verursacht hat.

Eine teilweise oder komplette Zerstörung des Energieverteilungssystems führt unvermeidlich zu Geschäftsausfällen, die Tage, Wochen oder sogar Monate dauern können. Dabei ist zu betonen, dass die Folgeschäden (Kosten während der Geschäftsausfälle) immer höher werden, je länger der Ausfall dauert.

Industrieinfrastruktur sowie kritische Prozesse sind besonders sensibel im Zusammenhang mit einem Energieausfall. Zuverlässige Systeme und eine möglichst unterbrechungsfreie Stromversorgung sind äußerst wichtig. Ein unvorhergesehener Stromausfall z.B. während des Herstellungsprozesses kann bedeuten, dass wertvolle Rohstoffe oder Produkte unbrauchbar werden. Innerhalb kurzer Zeit steigen die Kosten der ursprünglichen Störung in beträchtliche Höhen. Dazu kommen eventuell noch die Umweltauswirkungen, wenn gefährliche Substanzen oder Materialien entsorgt werden müssen.

Das Whitepaper bietet eine detaillierte ökonomische Bewertung der Gesamtkosten, die bei Zwischenfällen mit Störlichtbögen auf Unternehmen zukommen können, und stellt die geschätzten Kosten pro Ausfallstunde bei typischen Anwendungen dar. Demnach können die Gesamtfolgekosten für einen Zeitraum von 24 Stunden leicht auf 36.850 Euro steigen, inklusive der Stillsetzungs-, Stillstands-, Reinigungs- und Rüstkosten sowie zusätzlicher Kosten wie Konventionalstrafen.

Die Berechnung basiert auf einer durchschnittlichen Produktions- oder Abfülleinrichtung in der Lebensmittelindustrie und zeigt, wie die Kosten Stunde um Stunde exponentiell steigen.

Berücksichtigt werden sollte auch, dass der Austausch einer Schaltanlageneinheit in den hundertausend Euro Bereich geht , wobei eine Ersatzinstallation einige Tage bis Wochen in Anspruch nehmen kann.  In dieser Zeit ist das Unternehmen/Prozess quasi stillgelegt.

Obwohl Unternehmen nur die Mindestanforderungen gemäß IEC 61439 erfüllen müssen, betont Artikel 6 (2) der EU-Richtlinie 89/391/EWG, dass Arbeitgeber die modernste Technologie in Erwägung ziehen sollten, um sichere Arbeitsbedingungen zu schaffen.

Laut Mörx stellt die modernste Technologie, wie ein Störlichtbogenschutz, eine Schlüsselmaßnahme dar, mit der Arbeitgeber die möglichen Folgeschäden reduzieren, den Arbeitnehmerschutz ausbauen und dabei über die Mindestanforderungen hinausgehen können.

Laut Mörx: „Schaltgerätekombinationen, die nur die Mindestanforderungen erfüllen, unterschreiten beim Auftreten eines der oben genannten Ereignisse mit großer Wahrscheinlichkeit das höchste vertretbare Risiko in Richtung Gefahr. Sind zusätzliche Maßnahmen getroffen, können Schäden in den Anlagen bzw. Betriebsunterbrechungen mit empfindlichen Schadensfolgekosten in ihrem Ausmaß verringert werden. Dasselbe gilt für gesundheitliche Beeinträchtigungen von Arbeitnehmern, die in oder in der Nähe dieser Anlagen beschäftigt sind. Die Niederspannungs-Schaltgerätekombination, mit zusätzlichen Maßnahmen ausgestattet, verfügen gleichsam über eine Art von ‚Sicherheitsreserve‘.“

Um die Sicherheit zu maximieren, gibt es zwei effektive Strategien. Zunächst kann die Temperatur überwacht werden, um ungewöhnliche Temperaturanstiege zu erkennen, die ein Indiz für eine bevorstehende Störung sind. Als zweite Maßnahme kann dafür gesorgt werden, dass ein Störlichtbogenzwischenfall in Echtzeit erkannt wird, damit das Schaltgerät sofort abgeschaltet werden kann und der Schaden an der Schaltanlage selbst und an den angeschlossenen Anlagenteilen minimiert wird. Bei der Temperaturüberwachung bietet die herkömmliche Thermographie nur eine Momentaufnahme für eine bestimmte Lastsituation, die verdeckte und schwer zugängliche Stellen in der Schaltanlage nicht abdeckt. Eine neue Technologie von Eaton hingegen überwacht die Temperaturen an kritischen Punkten in der Anlage kontinuierlich und sendet die Daten kabellos an den Diagnose-Controller. Damit kann das verantwortliche Team die Temperaturwerte aufzeichnen, auswerten und weitere Untersuchungen oder entsprechend präventive Wartungsmaßnahmen vornehmen.

Eaton verfügt zudem in puncto Schaltanlagensicherheit mit dem Störlichtbogenschutzsystem Arcon über umfangreiche Erfahrungen. Arcon ist in der Lage, ein die betroffenen Anlagenteile innerhalb von nur zwei Millisekunden abzuschalten, um Schäden zu minimieren. Durch diese Reaktionszeit, die am Markt führend ist und deutlich unter den üblichen 20 bis 50 Millisekunden liegt, trägt das System wesentlich zur Begrenzung der Schadenshöhe bei.

Zur Bestimmung des Risikos und für die Planung entsprechender Maßnahmen empfiehlt Eaton, dass sich zuständige Mitarbeiter in energiekritischen gewerblichen Gebäuden folgende Fragen stellen:

  • Welche technischen Auswirkungen hat ein Ausfall der Niederspannungsanlage?
  • Wie hoch sind die Folgeschäden?
  • Was sind die möglichen Konsequenzen eines Schaltanlagenausfalls für die Mitarbeiter?
  • Wie groß ist der Schaden für das Unternehmensimage, wenn Lieferzeiten nicht eingehalten werden können?
  • Was sind die Auswirkungen eines Ausfalls der Schaltanlage auf die Umwelt?

Das Whitepaper steht hier zum kostenlos Download zur Verfügung